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  • AutorenbildBirgit Wichmann

Als Texterin mit Rhetorik überzeugen

Rhetorik, die Kunst des Redens. Zugegeben, ich war noch sehr jung, nämlich gerade 30, als ich das erste Mal beweisen musste, dass ich reden und überzeugen kann. Gerade fertig mit dem Studium hatte ich mich selbständig gemacht als freie beratende Betriebswirtin. Der Auftrag war, gestandenen Bankdirektoren eines großen Berliner Bankhauses die Bilanz- und Aktienanalyse näherzubringen. Zu dieser Zeit lagen Spekulationen mit Aktien voll im Trend. So stand ich also in einem großen Saal, vor mir saßen etwa 100 Direktoren und mir zitterten nicht nur die Knie. So ein junges Kücken wie ich sollte alten Hasen etwas beibringen? Also Bauch rein, Brust raus und losgelegt. Etwa fünf Minuten nachdem ich meinen Vortrag begonnen hatte, meldete sich ein älterer Herr zu Wort mit der Bitte, ich möge doch etwas langsamer reden, er könne nicht folgen. Ich tat, was verlangt wurde und blendete die Anwesenden erst einmal aus, um zur Ruhe zukommen. Eine kurze Zeit später war ich voll in meinem Element und nicht mehr zu bremsen. Es war Ruhe im Saal und ich bemerkte, dass mir alle zuhörten, ausnahmslos alle. In den Pausen war ich dicht umringt, denn man wollte mein Wissen und in der Mittagspause war mein Tisch voll besetzt, obwohl für mich allein reserviert. Man zollte mir Respekt und bekundete Hochachtung bezüglich meines Wissen und des Seminarkonzeptes. Während des Praxisteils dieses Seminars, bemerkte ich, dass alle überhaupt keine Ahnung hatten wie man eine Bilanz analysiert, die Zwischentöne herausfiltert und den Markt und die Branche unter die Lupe nimmt. Am Ende des Seminars hatte ich nicht nur viele neue Aufträge in der Tasche, ich hatte schlichtweg überzeugt.



Jahre später

Heute, 30 Jahre später, habe ich nichts von allem verlernt und doch treibt es mir ein Schmunzeln ins Gesicht, wenn ein Vodafone-Verkäufer nach meiner Argumentationskette dasteht mit offenem Mund und gerade noch stammeln kann: "Das muss ich mir als Argumentationskette merken, besser geht es nicht." Rhetorik eben und die kann man lernen. Mich hat immer die Rhetorik von Gregor Gysi beeindruckt. Man muss mit den Inhalten nicht übereinstimmen, aber rhetorisch einfach top und warum nicht von den Besten lernen.


Gegensätze ziehen sich nicht an

Ich habe in meinen Leben an vielen Seminaren teilgenommen und durfte so auch viele Redner live erleben. Dabei ist mir aufgefallen, dass wirklich gute Redner selten sind. Die einen haben sich zwar gut vorbereitet, sind auch wirklich auf fast alle Eventualitäten vorbereitet und trotzdem wirken sie hölzern und die Rede eher gestelzt. Vielleicht auch etwas zu schüchtern, aber auf keinen Fall überzeugend. Und die anderen reden wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, reagieren auf die Zuhörer, lassen Beispiele aus dem Leben einfließen und wissen einfach zu überzeugen. Sie brennen für das, was sie tun, denn man merkt die Leidenschaft. Doch eines fehlt, wichtige Antworten auf wesentliche Fragen. Der Typ Dampfplauderer. Eine Stunde reden und doch nichts sagen. Für die Politik perfekt, denke ich.


Ohne Salz in der Suppe geht es nicht

Wirklich gut ist ein Redner dann, wenn er sich nicht nur gut vorbereitet, sondern auch eloquent rüberkommt. Den Worten wird so Leben eingehaucht. Man merkt, der Redner brennt für das, was er tut. Vorsicht ist geboten vor Seminarteilnehmern, die das völlig missverstehen und das als Selbstdarstellung definieren. Von mir kann ich sagen, dass ich sowohl introvertiert als auch extrovertiert bin. Ich bereite mich akribisch vor, kann aber auch improvisieren. Auf die Fragen der Teilnehmer gehe ich ein und bleibe keine Antwort schuldig. Ein Schwank aus dem Leben oder dem Beruf fließt stets mit ein und ich nutze alle mir zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten.


Gute Rhetorik braucht Argumente

Schon die alten Griechen wussten, es braucht gute Argumente, um Menschen zu überzeugen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Doch wie macht man das?

  1. Das Thema muss für die Teilnehmer interessant sein.

  2. Klare Argumente, die deutlich rübergebracht werden müssen.

  3. Fakten nennen, die auf eine gründliche Recherche basieren.

  4. Gute Begründungen für die Argumente liefern.

  5. Punkte, die strittig sind, ausführlich erläutern.

  6. Die Hauptargumente an den Beginn der Ausführungen stellen.

  7. Die Rede lebendiger machen durch anschauliche Beispiele direkt aus dem Leben.

  8. Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, indem man Gegenargumente selbst entkräftet.

  9. Alle Ausnahmen im Vorfeld bedenken und darlegen.

Übung macht den Meister

Wie alles im Leben kann man auch Rhetorik lernen. Und das ist auch gar nicht so schwer. Eines weiß ich jedoch sicher, wer die Kunst der Rhetorik beherrscht, wird diese Kunst auch in seinen Texten wiederfinden.


Lady Astor sagte während einer Abendgesellschaft zu Winston Churchill: "Wenn ich Ihre Frau wäre, würde ich Ihnen Gift in den Kaffee mischen". Schlagfertig konterte Winston Churchill: "Und wenn ich Ihr Mann wäre, dann würde ich ihn trinken".




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